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| Biel, die Nacht der Nächte. |
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Ultra-Marathon unter Sternen
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17.6.2005, die Nacht der Nächte oder Ultramarathon unter den Sternen, die andere Art den Himmel zu entdecken.
Nach einigen Marathonläufen und auch einigen Ultra’s kommt einmal der Gedanke 100 km zu laufen. Das am besten in der Nacht und genau dafür bot sich der Lauf in Biel in der Schweiz an. Nach einer Vorbereitung von etwa ½ Jahr, zwei Marathonläufen und insgesamt geschätzte 1400 km in der Vorbereitungsphase fuhren mein Lauffreund Dieter und ich nach Biel. Der Wetterbericht versprach des Tags viel Sonne und Temperaturen zwischen 28°C und 30°C und nachts einen klaren Himmel bei angenehmen 15°C, also beste Bedingungen für einen Astro-Ultramarathon. Biel erreichten wir gegen 15:00 Uhr und waren wenig später im "Park Fermet", wo sich alle Läufer an der der Eissporthalle und den umliegenden Sportanlagen niedergelassen hatten. Die Temperaturen lagen zu diesem Zeitpunkt schon recht hoch bei 28-30°C, so dass Wasser trinken und ausruhen zur Haupttätigkeit wurde. Die Sonne verschwand mit den letzten Wölkchen langsam hinter den Bäumen. Um 21:45 Uhr ging es in den Startblock. Pünktlich (wie es in der Schweiz üblich ist) ging es um 22:00 Uhr los. Dieter und ich hatten uns zusammengefunden und beschlossen den Lauf im ersten Teil gemeinsam zu laufen, waren aber übereingekommen nicht auf den andern zu warten, wenn es mal nicht so läuft, da man seinen eigenen Rhythmus stört, was am Ende nicht gut ist. In der Innenstadt von Biel war die Hitze natürlich groß. Die Luft stand und hatte sich gegenüber dem Nachmittag noch nicht wirklich abgekühlt. Party war in allen Strassen, die wir passierten, alles war noch hell erleuchtet. Nach etwa 8 km kam die erste Steigung, zunächst noch nicht richtig steil, aber als wir um die Ecke kamen ging es knackig nach oben. Kurze Zeit später ging es auch schon wieder herunter und laut Streckenprofil sollte dann ja erst mal kein Hügelchen kommen. Biel ließen wir nun hinter uns, die 10 km Markierung zeigte uns, das wir gut im Tempo waren. Die Dämmerung war schon gut fortschritten, der Horizont glühte rot und der Himmel war wolkenlos. Die Begleiter der nächsten Stunden waren die Läufer und die Sterne am Himmel. In Richtung Aarberg ging es grob nach Süden, der Mond schien etwa 3/4 voll und beleuchtete die Strecke, die übrigens sehr gut ausgeschildert und abgesperrt war. Saturn stand tief im Westen, Jupiter stand westlich vom Mond und war sehr gut zu sehen. So um Mitternacht war es in Richtung Osten und Süden schon ziemlich dunkel, im Norden war der Horizont aber noch etwas erhellt. Dieter und mir ging es gut und das Tempo war in Ordnung. Die Verpflegungsstände wurden immer angelaufen und genutzt. Es gab zu Beginn Wasser, isotonische Getränke und Tee, der wirklich sehr gut war. Später wurde die Menüfolge noch durch Müsliriegel und magnesiumhaltige Knuspereinen ergänzt. Nicht zu vergessen die Bananen und Apfelsinen zum Nachtisch. Eines hatte ich vergessen, es gab auch noch "Vorsuppe", leckere Fleischbrühe, die ich gerne ab km 30 getrunken habe. Km 15 passierten wir gemäß Plan. Bei km 18 mussten wir über eine Brücke, normal nichts besonderes nur hier war die Brücke komplett beleuchtet, Party vor der Brücke, Party auf der Brücke und Party hinter der Brücke. Das munterte auf, denn so langsam kam ein wenig Müdigkeit auf. Nach dem km 20 ging es endgültig in die Dunkelheit. Jetzt kurz nach Mitternacht war unsere Laufrichtung grob nach Osten ausgerichtet, so das der Nordhimmel, der Osten und der Süden gut im Blick war. Über uns prangte Wega mit der Leier, so viele Sterne habe ich da selten gesehen, dahinter der Schwan und „rechts davon etwas tiefer“ der Adler. Im Süden war Skorpion mit seinem Hauptstern auszumachen, die Sterne waren bis zum Horizont sichtbar. Es hätte jedoch ein wenig dunkler sein können. Jetzt müsste man ein C8 dabei haben, oder wenigstens ein Fernglas. Aber nicht träumen, denn jetzt hieß es klettern, denn die nächsten 8 km ging’s einfach nur rauf, mal steil, mal weniger steil, aber eben rauf. Bei km 28 hieß der Ort Grossafoltern - ein bisschen "grossa Folter" war das schon. Da waren wir natürlich vom „Lichtermeer“ des Dorfes geblendet, kein astrofreundliches Rotlicht wurde zur Ausleuchtung verwendet. Ab km 29 ging es dann wieder etwas bergab. Dieter war gut drauf und drehte etwas auf. Bei km 33 hatte ich das Gefühl nur noch ins Bett zu wollen. Wenn an der Strecke ein Bett gestanden hätte, ich wäre hineingegangen, egal wer da drin gewesen wäre. Der Schritt lief nicht mehr rund und Dieter zog dann etwas von mir weg (ca. 200m). Mir gingen nun 1000 Gedanken durch den Kopf, aufgeben (es waren ja noch 65 km), Gehpause machen, langsamer werden? Ein Blick an den Himmel, die Laufrichtung war immer noch gegen Osten, zeigte mir deutlich sichtbar unsere Nachbargalaxie. Ein milchiger Fleck, als hätte ich meine Brille nicht richtig geputzt. Drehen des Kopfes zeigte, das der Fleck am Himmel und nicht auf meiner „Optik“ war. So was erlebe ich in Moers Kapellen nur gaaaanz selten. Ich schaute nach wieder nach vorne und dachte: "Dieter kann ich nicht alleine lassen, M31 sollte er doch mal mit bloßen Augen sehen!" So arbeitete ich mich wieder an Dieter ran. Bei km 37 hatte ich mein Tief überwunden, aber nun schwächelte Dieter ein wenig. Es folgte ein kurzer, aber ernster Kampf mit dem inneren Schweinehund, der für den Schweinehund verloren ging. Die erste Zwischenwertung nahte und wir passierten die 38,5 km Marke in 4:37. Ganz ok für das war wir uns vorgenommen hatten. Wir hatten in zwischen etwa 2:30 Uhr, der Mond stand nun bereits tief im Westen, das Band der Milchstrasse war ohne Mühe deutlich sichtbar und verlief direkt über unsere Köpfe. Mit einigen Läufern diskutierten wir über das eine oder andere Sternbild oder über die Planeten, die zu sehen gewesen waren. Astronomen gibts überall! Im Süden war jetzt das Sternbild Schütze zu sehen, Südosten wurde jetzt langsam das Sternbild Steinbock und Wassermann sichtbar. Cassiopeia war bereits in halber Höhe und zeigte mit einer Richtung auf den milchigen Fleck. Die Marathonmarke war bald erreicht und das nächste Etappenziel nahte. Km 50. Dazu ging es vom zweithöchsten Punkt der Strecke nun erst einmal ein paar km leicht abwärts. Im Ort Kirchberg schwenkten wir nun grob in Richtung Norden, auf den Grossen Wagen zu, der jetzt gerade über den Horizont rumpelte. Jetzt war es etwa 3:30 Uhr morgens. Die Sterne verblassten so langsam, die Dämmerung schien nahe zu sein. Aber hinter Kirchberg lag noch ein berüchtigtes Teilstück, unter den Läufern der Ho Chi Ming Pfad genannt. Dieser Pfad war ein Weg, der nur aus groben Steinen, Baumwurzel und Gestrüpp besteht, für normale Fahrräder unmöglich zu passieren. Hier war es stockdunkel und es war spannend hier zu laufen. Ein Sturz hier hätte das Rennende bedeuten können. Hier war es unmöglich zum Himmel zu blicken. Am Ende des Pfades wurde es heller und der Weg wieder besser. KM 65 passierte ich ohne Blessuren und es ging in den Ort Gerlafingen, bei immer zunehmender Dämmerung. Hier saßen bereits viele Leute bei den gerade geöffneten Bäckern und frühstückten, ohne jedoch zu vergessen uns anzufeuern. Bald war es endgültig hell geworden, die Sonne begann ihre Bahn am Himmel zu ziehen. Ein Schwenk in Richtung Westen zeigte nun endgültig, dass es nach „Hause“ geht. Der folgende Streckenabschnitt 67-77 km war durch eine ganz leichte Steigung gekennzeichnet. Was nun, gehen oder laufen? Ich entschied mich zu laufen, was noch gut ging. In Bibern war Versorgungsstand 6, ein Blick um die Ecke zeigte mir, dass es um die Ecke steil nach oben ging. Das bedeutete erst einmal eine Gehpause, oben angekommen ging es sofort wieder herunter um erneut anzusteigen. Jetzt hieß es beißen, doch schließlich ging es endgültig nach "unten". Ab km 81 ging es die Aare entlang, leider auf der Seite, wo gerade kein Schatten war. Der innere Schweinehund klopfte erneut an, glücklicherweise habe ich ihn nicht reinkommen lassen. Km 90 zeigte an, dass es nicht mehr weit war, jetzt hatte ich noch über 1h30min Zeit für die restlichen 10 km. Das sollte zu schaffen sein. Nie mehr 2 stellig. Am vorletzten Getränkestand setzte ich mich kurz hin, 2 Becher Tee und etwas Cola zur Aufmunterung. Bald waren auch km 95 war geschafft. Jetzt hieß es auf den letzten 5 km über eine locker befestigte Strasse nicht wieder nachzulassen. Jeder km war jetzt ausgeschildert. 96,97,98 km, diese immer in 7 min, dann kam 99 km, hier stand also das magische Schild, was das Ende des Wettkampfes andeutet. Ich sah nach links, stimmt: da war bereits der Zeltplatz, das Ziel war nicht mehr weit. Aber ein Kilometer kann noch lang sein. Der Zeltplatz kam immer näher, am Lagerplatz von Lauffreund Erhan ging es unter anfeuerndem Gejohle vorbei, dann nur noch um das Eisstadium herum. Auf der Zielgeraden noch einmal etwas Gas geben, die Zuschauer putschen jeden Einzelnen ins Ziel. 100 km, geschafft. Endlich am Ziel! 11h:57m:34s, die Zeit von unter 12h war erreicht.
Das Schöne an dem Lauf ist die Erinnerung an die vielen kleinen Erlebnisse unterwegs. Schön ist auch das man bei sich persönlich feststellen konnte, wie einzelne Sinne (Geruch, Geschmack und Gehör) geschärft werden, wenn man unter diesen Bedingungen läuft. Belohnt wurde ich durch einen schönen Sternenhimmel, der in der Nacht der Nächte an mir vorbeizog.
Für mich ist es eine bleibende Erinnerung.
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Vergleich MX916 und SXV-H9 Test Solarscope
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